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Kommunikationstools für Locked-In-Patienten

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Stellen Sie sich vor, Sie wären völlig bewegungsunfähig. Sie sehen, hören und riechen. Sie haben Gefühle und Wünsche – aber Sie können nichts davon zum Ausdruck bringen. Sehr empathisch beschreibt der Kognitionsforscher Peter Desain von der niederländischen Radboud University die Situation von Locked-In-Patienten, – Menschen, die vollständig gelähmt sind und dadurch in ihrem eigenen Körper regelrecht eingeschlossen sind. Trotz allem, so berichtet Desain in seinem englischsprachigen TEDx-Talk, schätzen Betroffene ihre Lebensqualität weit besser ein, als Außenstehende es sich vorstellen können. Sie genießen es durchaus, etwa Musik zu hören oder ihre Kinder zu beobachten. Wie wertvoll wäre es da, ihnen eine Möglichkeit zu geben, sich dazu auch mitzuteilen – und zwar mit Hilfe von Computer-Hirn-Schnittstellen?

Die Idee an sich ist nicht neu, wie Desain am Beispiel der Forschung des Tübinger Psychologen und Neurobiologen Niels Birbaumer zeigt. Dieser ist ein Pionier in Sachen Computer-Hirn-Schnittstellen und ermöglichte bereits in den 1990er-Jahren einem Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) einen kurzen Brief zu schreiben: nur per Neurofeedback, also durch die Kontrolle bestimmter Hirnströme, die dem Patienten auf einem Bildschirm visuell rückgemeldet wurden und die ein Computer in Schriftzeichen umwandelte. Für den Brief benötigte der Mann allerdings 16 Stunden – und zudem drei Monate Training, um die Methode zu lernen.

Desain konzentriert sich daher in seiner Arbeit darauf, die Kommunikation per Gedankenkraft zu beschleunigen. Dafür tüftelt er an komplexen Methoden, um Hirnströme vorherzusagen. Er nutzt aber auch alltägliche Technologien, um Wörter zu vervollständigen, wie man es vom Smartphone kennt, oder um sogar ganze Sätze per Multiple Choice auszuwählen. Zentral ist für ihn dabei die Einsatztauglichkeit in der täglichen Pflege und im Miteinander mit dem Betroffenen.

Peter Desains mit Bildern und Videos angereicherter Vortrag hat kein Schlagzeilenpotential und verzichtet auf reißerische Sensationsmeldungen. Vielmehr gibt er eine fast schon demütige Zusammenfassung zum Stand der Forschung an Computer-Hirn-Schnittstellen im Jahre 2015 und zu deren Alltagstauglichkeit – und ist gerade deswegen sehenswert.


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